Ich war 15 und musste für die Mathe-Nachprüfung lernen. Zu diesem Zweck war ich eine Woche auf "Lernurlaub" bei meiner Schwester und ihrem Freund zu Gast. Unterhalb ihrer Wohnung ist ein Game-Shop für MAGIC, Warhammer und derlei Spiele. Der Typ in dem Shop grüßte den Freund meiner Schwester freundschaftlich aus dem Fenster und erzählte ihm die Neuigkeiten, von wegen neuen Nachbarn im Haus. Die Reaktion darauf war cool:
"Ja, spannend. Und, was können die?"
Ja! Wer interessant sein will, muss etwas können. Wer nichts kann, muss etwas lernen.
Wer nichts lernt, bleibt dumm, und wer bleibt kommt nie wieder und wer nie wieder kommt ist tot. Tot ist langweilig. Langweilig ist uninteressant.
Es geht um Bildung. Darunter fällt jetzt alles, worin man besser werden kann, also alles was man lernen kann. Bildung ist nicht nur interessant, Bildung ist verdammt sexy.
Ich glaube schon, dass Bildung die Gesellschaft spaltet. Bildung macht Eliten.
Mag sein, dass ich jetzt sozialdarwinistisch klinge, wenn ich sage, wer nichts lernt, soll dumm sterben; aber es interessiert mich einfach nicht mehr mit den dummen Kindern zu spielen.
daisee gell - 27. Mai, 19:45
Manchmal genügt eine Kleinigkeit um mir den Tag zu versauen. Das ist irgendein Versäumnis oder irgendetwas, das mein schlechtes Gewissen weckt, oder einfach ein Blick auf meinen Kontostand und die Ungewissheit wann ich das nächste Mal Geld sehe.
In meiner Wohnung schaut es verheerend aus. Für die Uni bin ich etwas im Zeitverzug. Die Arbeit fuckt mich an, besonders weil ich noch immer kein Gehalt vom letzten Monat bekommen habe und das suckt unglaublich an meiner Laune. Kommt das Geld noch?
Aber ich bin ja erst grad aufgestanden - und noch immer nicht richtig wach. Nicht wirklich frisch. Alles stinkt. Aber das rieche ich nicht mehr, weil ich hier aufgewacht bin. Alles ist räudig.
Bis auf den Kater, der schläft zufrieden kuschelig weich und sauber auf dem Fensterbrett.
hm... vielleicht...
Ist der Kater der Beweis, dass die miserablen Zustände hier nur Konstrukt meiner miesen Laune sind?
Jaja, nicht sudern. Der Tag hat ja immerhin gut angefangen. Mit Kaffee ans Bett und drei Ausgaben Transmetropolitan.
Mal Duschen, mal was essen, den Nachmittag auf der Uni, in der Bibliothek und bei einem Privatschüler verbringen. Über das fehlende Gehalt kann ich morgen im Büro schimpfen. Heute wird schon noch ein guter Tag werden...
daisee gell - 26. Mai, 12:16
ja... schreiben wir halt wieder was
ja wie du willst
gefällt dir das?
okay, dann nicht
sorry, bin grad sehr durchn Wind
ja halt nicht ganz klar im Kopf
das geht alles so schnell
und es ist alles so neu
ich kenn dich ja noch gar nicht
und ich kenn das so noch gar nicht
weißt du,
das flasht mich so
und ich hab ur-angst
blah.
Kenn ich
schon
zu oft gehört
ich kanns nur nie nachvollziehn. es war nie so für mich. es war immer nur anders aber nie so.
Neu noch nie schlecht.
und ja ich weiß, es hat mit mir zu tun
und nein, ich kann nichts dafür.
Soll ich aufstehn und gehen?
Fuck, es ist mir egal wie es dir geht wenn du an mich denkst
denk halt nicht so viel
verdammt warum passiert mir nicht mal was anderes
immer die selbe scheiße.
Nein, das heißt ja jetzt nicht, dass wirs bleiben lassen
na eh nicht
laufen lassen, schöne zeit zusammen, usw blah.
Sag mir was ich falsch machen kann
nein sag ich dir nicht, weil sonst machst es
nein grad nicht, sags mir, damit ichs nicht mach
War das jetzt eigentlich blöd, dass...?
Nenn mich offiziell einen trottel
ja. du bist ein trottel. aber ein lieber trottel.
...
...
schön dass du wieder da bist.
du mich auch.
...sigh...
nicht darüber nachdenken
darüber einschlafen
daisee gell - 26. Mai, 02:59
Schau auf dich!
Schau wie du daherkommst, schau wie's bei dir aussieht.
Schau, dass du zurecht kommst. Schau, dass was wird aus dir. Schau, dass du selbstständig bist, du willst ja später nicht von deinem Mann abhängig sein. Schau, dass du keine schlechte Nachrede hast.
Schau zuerst, bevor du über die Straße gehst. Schau auf die Straße beim Autofahrn. Schau, wo du hinsteigst. Schau, dass dir nichts passiert.
Schau auf dein Zeug. Schau auf deine Liebsten. Schau auf die Umwelt. Schau, dass du nichts kaputt machst.
Schau dir die Leute gut an. Schau dir den Mann der um dich wirbt gut an. Schau, so bin ich an den Papa gekommen; der ist ein guter Mann.
Schau wie er daherkommt, schau wie's bei ihm aussieht. Schau, wie er zurecht kommt. Schau, was aus ihm wird. Schau, dass er selbstständig ist, dass du ihn nicht mal miternähren musst.
Schau, dass er auf dich aufpasst und dass er dir nicht weh tut. Schau, wie er mit sich selbst und mit anderen, mit Tieren und wie er mit Gegenständen umgeht.
Schau dich einfach um.
Schau, dass du weiter kommst.
"
... jaja, mach ich, Mama.
daisee gell - 18. Mai, 16:51
alles haben
und nix zu verlieren
weil alles was es zu wollen gibt
ist Ruhe, Stift und Papier
Musik um in ihr zu versinken
warme bequeme Kleidung an meinem Körper
etwas Kleingeld
und eine Fahrkarte
und dann einfach in den Bus irgendwohin wo man umsteigen kann, von dort dann weiter und so geht's die ganze Nacht.
Nur das Gefühl zu entkommen
während man unterwegs ist, hat man eine Ausrede
man kann nicht schneller am Ziel sein als der Verkehr erlaubt
Dass es kein Ziel gibt, muss ja keiner wissen.
daisee gell - 14. Mai, 01:03
Ein kleines Kätzchen kroch in einen Sack
der Sack schnürte zu und
jemand warf ihn in einen Fluss
wo er tief nach unten sank und
ein großer Fisch ihn fraß
der nur in den tiefsten Wässern des Flusses schwimmt
die von 1000 Kubikmetern Wasser überströmt werden
in denen viele andere Fische und Wasserwesen leben
die man gelegentlich sehen kann
durch die dicke Eisschicht hindurch, die da gefroren ist
die die Menschen trägt
die darauf eislaufen.
daisee gell - 12. Mai, 00:56
Angenommen es gibt einen Gott und er hat sich tatsächlich was dabei gedacht, wie er die Welt erschaffen hat...
Vielleicht hat ein Tag mit 24 Stunden für die Welt in ihrer Urform gereicht. Die Welt war damals größer, ein bisschen runder und bot viel mehr Platz.
Jetzt ist das alles natürlich ganz anders. Es gibt wahnsinnig viele verschiedene Dinge, die über- und nebeneinander gedrängt liegen, es gibt viel zu erleben und zu erforschen und kennenzulernen. Die 24 Stunden reichen nicht mehr aus...
Auch wenn ich heut um 6 Uhr morgens von allein aufwache, noch immer die Zahlen im Kopf schwirrend über denen ich gestern eingeschlafen bin... die Zeit ist trotzdem eng. Es gibt soviel zu tun.
Die Bücher, die ich gerade lese, sind so wie ich es eigentlich erwarten hätte können: Fangen harmlos und als leichte Lektüre an, werden dann wahnsinnig komplex und plötzlich stehe ich in einem Hyperraum mit einem Mordsschädel und jemand fragt mich, ob ich lieber eine rote oder eine blaue Pille schlucken will.
In der Hoffnung auf Breitbandwahrnehmung und ein paar graue Zellen samt zig Synapsen mehr für die CPU meines Gehirns, ziehe ich es vor, beide zu nehmen. Wir nennen es ein Brain-Update.
Aber ich denke, es ist wie Sport. Ich war doch bisher schon eher faul im Kopf. Jetzt ist der vielleicht etwas überlastet, aber mir bleibt die Hoffnung, dass es besser wird. Es ist ja nicht so, dass das Thema so schnell langweilig werden würde, es verschlingt mich eher, zieht mich in seinen dunklen Schlund wie ein schwarzes Loch und ich verschwinde aus dem sozialen Blickfeld.
Mutiere ich langsam zu einem Nerd-ähnlichen Wesen?
...
nein, ich doch nicht ^^
daisee gell - 3. Mai, 08:27
(wiedermal ecriture automatique)
Mein trauriges Lied vom toten Fisch
der schwimmt und schwimmt bis zum Rand und zurück
der schon mal bessere Zeiten gesehn hat
aber weiß Gott warum nicht wieder kommt
zurück zu diesen oder wieder zu Neuen
und aller Ernst und alles ernsthaft Schöne
wegdriftet vorbei an jenem Flossenschlag
mit jeder Welle grüßt und geht
vorüber wie der Wind der kühl im Umkreis steht
unerreichbar wie das Ziel der Sehnsucht denn
wenn man nach ihm greift
ist er auch schon dahin
der Wind
Voll Frust ist der tote Fisch
gegessen von der unerhörten Liebe die
da weint in ihrer kalten feuchten Höhle die
so wie die Hundeschnauze sucht nach interessanten Dingen die
wieder uninteressant sind sobald man sie
erriecht, erreicht und merkt
dass sie sind wie etwas, dass man schon kennt
und nicht mag.
Hört er außerhalb des Randes die Geschichte
in der Geschichte die den Rahmen gibt für eine neue Geschichte
und sie nicht unterscheiden mag von der eigenen ob ganz anderen
und starrt ins Leere, weil kein Rahmen und keine Geschichte
immer nur Leere
immer nur schwimmen bis zum Rand und wieder zurück
so sind die Gedanken des toten Fisches
verworren und verschwommen, völlig verschwommen
verschwommen wie die Sehnsüchte und Hoffnungen
da raus zu kommen oder war er überhaupt schon drin? Im Schwimmen?
Er hat sie verschwommen
zu viel verronnen zwischen den Flossen
zuwenig unternommen, dabei verdrossen und verbittert hart und
schlittert über das Eis der kalten See
seines kleinen Goldfischglases
das doch nichts ist, als eine Suppenschüssel aus der
jemand Nudeln isst.
daisee gell - 28. Apr, 01:25
Jetzt musste ich meine Eltern einmal zurechtweisen. Permanente Vergleiche mit anderer Leute Leben, mit so manchen armen, unzufriedenen Nachbarn und Verwandten, darauf folgt heimliches Ins-Fäustchen-Lachen und daraus doppelt genussvolles Zurücklehnen und ein zufriedenes "Ahh, geht's uns gut!"-Seufzen.
Da musste ich mal meine Sonnenbrille abnehmen und das Glas Portwein wegstellen, ließ meinen Blick ab von den blühenden Blumen und richtete ihn spaßhalber forsch auf meine Eltern, die in ihrem Alter selbst nackt noch immer gut und füreinander attraktiv aussehen. (Das heißt, so, wie gesunde, wohlgeformte 50-60-jährige Menschen natürlicherweise aussehen):
"Jetzt hört einmal damit auf, wie könnt ihr euch erlauben so unterschwellig zu lästern?! Es kann ja nicht jeder über 30 Jahre lang glücklich verheiratet sein und ein wunderschönes Haus mit großem Garten und ein gemeinsam erfülltes Leben haben!"
Mein Papa meint, wer glaubt etwas zu verpassen, sei unzufrieden. Und er sagt das, als wäre "unzufrieden sein" etwas persönlich verwerfliches, als wäre es eine schlechte Tugend, die der Mensch einfach ablegen könnte. Einfach zufrieden sein, was ist dabei?!
Wir essen die Pizza und Mama bemerkt, dass sie heute gar nicht gebetet haben. Sie erklärt mir, dass sie neuerdings immer gemeinsam vor dem Essen beten. Papa zeigt mir nach dem Essen Papyrusrollen, die er aus Kairo mitgebracht hat. Später wird er mit Mama etwas backen, für den Besuch, der am Nachmittag erwartet wird, und wenn dann noch Zeit bleibt, mäht er die Wiese. Wie damals, als ich 5 Jahre alt war, finde ich es schade und sehe nicht ein, warum er die schönen Blumen auf der Wiese schneiden muss.
Wenn ich mit meinen Eltern zusammensitze, fühle ich mich, wie das Kind einer großen Liebe. So wie das, wovon die Goa-Hippies immer träumen, nur real und nicht aus Indien importiert. Hier geboren und aufgewachsen, komplett Bio und ohne künstliche Zusatzstoffe.
Nur die Kratzer in der Wand neben meiner Zimmertür weisen darauf hin, dass es nicht immer schön war. Pubertät hat wohl auch nicht schön zu sein. Ist einfach nicht. Man kann sie im Nachhinein romantisieren, aber Pubertät ist nicht immer schön, schon gar nicht aus der Sicht einer Pubertierenden.
Irgendwann musste ich aus der heilen Welt ausbrechen, irgendwann fühlte ich mich hier nicht mehr zuhause. Nestflucht eben. Ich musste unzufrieden sein, ich musste nächtelang Party machen, musste in die große wilde Stadt, Drogen nehmen, mich sexuell ausleben, musste mich fast täglich besaufen, rauchen, und in den Tag scheißen als gäb's kein morgen, kurz: ein Leben führen von dem ich meinen Eltern nie erzählen würde...
Aber ich denke das alles wussten meine Eltern. Sie wissen alles. Ich konnte es nicht vor ihnen verbergen, sie waren nur zu naiv, es wahrhaben zu wollen. Aber sie wussten es. Diese verdammten Heiligen haben mir vertraut und mich einfach wieder zurückfinden lassen. Das machen sie schon seit ich 15 bin und begonnen habe auszureißen. Sie lassen mich einfach machen und überschütten mich mit Liebe, wenn ich sie wieder besuche.
Ahh, geht's mir gut! ^^
Einfach zufrieden sein. Was ist dabei?!
Darauf hätt' ich jetzt gern wieder einen Party-Exzess mit allem was dazu gehört. Aber da muss ich wohl noch bis zum Abend warten...
daisee gell - 24. Apr, 14:17