Kein Kind der Traurigkeit

Dani sagt, jeder Mensch habe ein Gefühl in dem er zuhause sei. In mir wär das vielleicht die Trauer oder die Melancholie. Ich halte ja nicht sehr viel von Theorien, die Menschen auf ein oder wenige Gefühle oder einen oder wenige Charakterzüge reduzieren wollen, so wie Myers-Briggs. Noch weniger halte ich davon, wenn mir dann nichts bleibt, als Trauer. Ich will nicht, dass Menschen mich für ein Kind der Traurigkeit halten.

Findest du, ich bin ein trauriger Mensch? frag ich meine Mitbewohnerin.
Ich meine, seit du mich kennst, hab ich Liebeskummer... aber findest du, ich hab einen Hang zur Traurigkeit?

"Nein, ich finde, du fühlst einiges intensiver als andere Menschen. Du fühlst schnell Freude und die äußert sich bei dir stark, genauso wie Wut oder eben Trauer, manchmal bist du extrem motiviert, manchmal bist du total niedergeschlagen. Aber nein, du bist kein trauriger Mensch. Und die Fähigkeit intensive Gefühle zu haben und zuzulassen ist ja nichts schlimmes. Manche Menschen brauchen vielleicht mehr um so intensiv zu fühlen."
Danke. Danke, sag ich, dann hab ich meinen Plan ja erfüllt. Vor ca 3 Jahren hatte ich beschlossen, alle Mauern einzureißen, die meine Gefühle blockieren, mich unnahbar machen und meine Malblockade verursacht haben. Auch wenn's weh tut, ich fühl mich lebendig. Auch wenn es sich anfühlt wie sterben, that's life.

Dani meint, vielleicht bedrückt mich die Stadt, ich bin doch eigentlich ein Landkind. Aber ich bin doch auch früher hinterm Haus im Fluss unter den Bäumen herumgewandert und hab die Melancholie genossen. Bin ich ein trauriger Mensch?
Nein! und ich hab auch nicht die Melancholie genossen, sondern die Natur. Und wenn ich dabei melancholisch war, dann nur, weil ich niemanden bei mir hatte, mit dem ich meine Freude teilen konnte.
Natürlich macht es mich traurig, wenn Menschen wenig Aufmerksamkeit für das Schöne haben. Es macht mich traurig, wenn Freundinnen in stressigen oder stupiden 40-h-Jobs krank werden. Es macht mich traurig, dass wir so von Geld abhängig gemacht werden, dass wir das Glück erst suchen müssen. Ich hab Weltschmerz, wegen dem ganzen Stress den andere haben.
Aber ich bin kein Kind der Traurigkeit. Ich bin froh, dass ich mir mein Leben so richten und genießen kann wie ich will, und endlich genügend Zeit für die schönen Dinge habe und genügend Geld für eine gewisse Sorglosigkeit.
Ich führ ein chilliges Single-Leben, bis mir was besseres einfällt. Oder bis einer kommt, dem ich vertrauen kann, der mit mir eine Zukunft gründen will, die mit meinen Interessen auch übereinstimmt.
Also, zu der Frage, warum ich traurig bin, was ich denn gerade verloren habe, was ich vorher nicht hatte: Genau so jemanden.

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