und noch mehr weltschmerz und zynismus
(morgen hör ich damit auf, versprochen)
Was mich ja eigentlich aufregt, sind privilegierte Menschen die ihre Privilegien nicht reflektieren oder die ihre Chancen nicht nutzen und sich beschweren. Dass die gängigen Etiketten wie Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Religion und körperliche oder psychische Disposition noch nicht alle Dinge sind aufgrund deren man diskriminiert wird, ist mir dabei allerdings auch bewusst. Das relativiert dann meinen Ärger ein bisschen. Eigensinn und Freigeist muss respektiert werden, und ich bewundere starken Eigensinn und wilden Freigeist; ich verehre das tobende innere Kind.
Dennoch: Mich ärgern also weiße, west- oder mitteleuropäische, heterosexuelle Männer, die von ihren Familien eine Wohnung zur Verfügung gestellt bekommen, die ihr unverdientes Geld für irgendeinen Scheiß ausgeben aber nicht für das, was sie eigentlich bräuchten. Es ärgert mich NICHT, dass sie ihr Geld nicht verdient haben, da ärgert mich das Credo, dass man seinen Lebensunterhalt erst verdienen muss, viel viel mehr. Aber das ist der Punkt mit Privilegien reflektieren. Wenn man in der glücklichen Position ist, dass man sein Leben dorthin steuern kann, wo man erheblich mehr Einfluss hat, als sich einfach rauszuhalten und auf alles Verwerfliche zu verzichten, dann sollte man das doch tun. Andererseits wurde von privilegierten Menschen eh schon viel zu viel getan, sollen sie sich doch ausrasten auf den ererbten Errungenschaften und für eventuell doch noch künftige Kinder nichts mehr übrig lassen. Das ist jetzt keineswegs sarkastisch gemeint. Ich denke, ich bin gegen Erbe. Ich erwarte mir auch kein Erbe von meinen Eltern. Was ich sagen will ist, dass es eh durchaus legitim ist, keinen Beitrag zur staatlichen Gesellschaft zu leisten; aber es ist nicht legitimer als der Versuch, diese Gesellschaft von innen heraus zu verändern.
Was mich aber doch ziemlich aufgeregt hat, sind eben solche privilegierten Menschen, die kiffend und die Welt verteufelnd zuhause sitzen, zocken, über neue Drogen recherchieren, irgendwann raus wollen aus diesem Scheiß-Land, die den Großteil der Menschen für verblendet, achtlos und unreflektiert halten, während wenige Kilometer entfernt dringend helfende Hände gebraucht werden, wo Menschen auf der Straße schlafen nachdem sie über ihre eigenen Grenzen gegangen sind um über Ländergrenzen zu kommen. Da ärgern mich Menschen, die sich aufregen über Wichtigtuer und schlechte Organisation der Hilfsorganisationen, aber selber nichts tun, als ihr Ego zu streicheln. Was ich sehe, sind die Gemeinsamkeiten all derer, die ich hier nicht aufzähle, aber ich zähle sie durchwegs zu meinen Lieblingsmenschen und das ärgert mich wohl am meisten. Sie sind alle weiße, heterosexuelle Männer mit deutscher Muttersprache, die viel kiffen oder saufen und für ihre Behausungen sehr wenig bezahlen, weil ihre Eltern oder Großeltern dafür aufgekommen sind.
Auf der anderen Seite stehen größtenteils arbeitende und studierende Frauen, die ihre Freizeit noch nutzen um Sachspenden zu sammeln, zu sortieren, oder sonst irgendwie in den Notschlafstellen und Anlaufzentren zu helfen. Frauen, die sich dann aber von Männern die Welt erklären lassen müssen, die von Männern Komplimente auf ihre weiblichen Reize bekommen, die ständig irgendeiner mehr oder weniger subtilen aber durchwegs lästigen Form von Sexismus ausgesetzt sind. Es ärgert mich, wenn ich neue interessante Bekanntschaften machen könnte und dann aber in erster Linie als Frau gesehen werde und als potentielle Partnerin, wenn ich Komplimente und Geschenke bekomme ohne dass man mich kennt, sondern nur weil ich eine hübsche junge Frau bin, Dinge für die ich nichts kann und auf die ich nicht stolz bin, für die ich auch weniger ernst genommen dafür mehr verniedlicht und verhätschelt werde. Wenn mann meine weibliche Gegenwart genießt, ist doch egal wer ich bin, Hauptsache Frau. Und das von allen Seiten, in den Flüchtlingsunterkünften wie bei den kiffenden Männern zuhause, von denen ich mir dann sagen lassen muss: Sexismus ist nicht das einzige Problem, Daisee.
Danke, dass du mir die Welt erklärst. Aber wenn sich ein weißes und ein schwarzes Gorillamännchen streiten und dabei Argumente fallen wie "Du ärgerst dich in Wirklichkeit doch nur darüber, dass deine Tochter/Frau/Schwester/Mutter auf schwarze Schwänze steht", dann ist das nicht nur rassistisch, sondern rassistischer Balzkampf und nicht nur das, es ist sexistisches, rassistisches Männlichkeitstheater, in dem mann sich misst an der Unterwürfigkeit der jeweiligen Bezugsfrau. Daher, wenn ihr euch schon auf dem Rücken von "euren" Frauen streiten wollt: Bringt euch doch gegenseitig um, es ist mir scheißegal.
Jammert über die von tausenden Jahren männlicher Herrschaft zerstörte Welt und über die Mütter und Frauen, die euch nicht mehr von ihren Brüsten füttern wollen. Schreit euch aus, reagiert euch ab, raucht euch ein, betrinkt euch bis ihr über einer noch halbvollen Bierflasche darüber einschläft. Verspielt euer Geld und eure Tage, einen nach dem anderen. Und habt Mitleid mit euch selbst, wenn ihr dann meint, dass diese Welt ja nüchtern nicht zu ertragen sei.
Eh. Die Welt ist schlecht. Ich weiß es. Niemand redet mehr über irgendwas Belangloses aber Schönes, keiner erzählt mehr romantische Geschichten über menschlichen Alltag. Nein, egal wo ich hingehe, man spricht darüber, wie die Welt noch zu retten ist, über ethisch korrektes Handeln und vertretbaren Konsum, über ökologische Fußabdrücke und Hilfsaktionen. Die Welt geht konstant zugrunde, aber jeder weiß es; die Weltrettung ist in aller Munde. Außer in deren, die noch über das Zugrundegehen reden, die zynisch auf das Ende warten und sich währenddessen selbst bemitleiden, weil sie trotz all ihrem Verzicht noch immer nicht den Respekt von Superhelden bekommen. Die armen privilegierten Männer, die ihre Chancen unter einem Haufen Ausreden und Rechtfertigungen begraben haben.
"Ja... man könnt immer mehr machen." Diesen Satz hab ich auch schon von jedem von ihnen gehört.
Vielleicht leb ich auch in einer Blase und es wird Zeit, dass ich andere Menschen kennenlerne als asketische Hippiemänner und humanitäre Yuppiefrauen. Ist ja nicht normal sowas. Öfter in die Lugner City gehen, brauch eh ein paar neue Jogginghosen. Aber ich kann ja auch nicht mehr bei H&M einkaufen; weil wer musste denn dafür schon wieder sterben. Weil ich selber aber auch lieber Zeit als Luxus habe, bin ich leider genauso knapp bei Kasse und kann mir nix gescheiteres leisten als ausbeuterische Textilriesen oder Secondhand-Sachen von anderen ausbeuterischen Textilriesen. Muss ich öfters Wäsche waschen. Wieder unnötiger Energieaufwand. Ach weckt mich doch, wenn's wieder Frühling wird.
Was mich ja eigentlich aufregt, sind privilegierte Menschen die ihre Privilegien nicht reflektieren oder die ihre Chancen nicht nutzen und sich beschweren. Dass die gängigen Etiketten wie Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Religion und körperliche oder psychische Disposition noch nicht alle Dinge sind aufgrund deren man diskriminiert wird, ist mir dabei allerdings auch bewusst. Das relativiert dann meinen Ärger ein bisschen. Eigensinn und Freigeist muss respektiert werden, und ich bewundere starken Eigensinn und wilden Freigeist; ich verehre das tobende innere Kind.
Dennoch: Mich ärgern also weiße, west- oder mitteleuropäische, heterosexuelle Männer, die von ihren Familien eine Wohnung zur Verfügung gestellt bekommen, die ihr unverdientes Geld für irgendeinen Scheiß ausgeben aber nicht für das, was sie eigentlich bräuchten. Es ärgert mich NICHT, dass sie ihr Geld nicht verdient haben, da ärgert mich das Credo, dass man seinen Lebensunterhalt erst verdienen muss, viel viel mehr. Aber das ist der Punkt mit Privilegien reflektieren. Wenn man in der glücklichen Position ist, dass man sein Leben dorthin steuern kann, wo man erheblich mehr Einfluss hat, als sich einfach rauszuhalten und auf alles Verwerfliche zu verzichten, dann sollte man das doch tun. Andererseits wurde von privilegierten Menschen eh schon viel zu viel getan, sollen sie sich doch ausrasten auf den ererbten Errungenschaften und für eventuell doch noch künftige Kinder nichts mehr übrig lassen. Das ist jetzt keineswegs sarkastisch gemeint. Ich denke, ich bin gegen Erbe. Ich erwarte mir auch kein Erbe von meinen Eltern. Was ich sagen will ist, dass es eh durchaus legitim ist, keinen Beitrag zur staatlichen Gesellschaft zu leisten; aber es ist nicht legitimer als der Versuch, diese Gesellschaft von innen heraus zu verändern.
Was mich aber doch ziemlich aufgeregt hat, sind eben solche privilegierten Menschen, die kiffend und die Welt verteufelnd zuhause sitzen, zocken, über neue Drogen recherchieren, irgendwann raus wollen aus diesem Scheiß-Land, die den Großteil der Menschen für verblendet, achtlos und unreflektiert halten, während wenige Kilometer entfernt dringend helfende Hände gebraucht werden, wo Menschen auf der Straße schlafen nachdem sie über ihre eigenen Grenzen gegangen sind um über Ländergrenzen zu kommen. Da ärgern mich Menschen, die sich aufregen über Wichtigtuer und schlechte Organisation der Hilfsorganisationen, aber selber nichts tun, als ihr Ego zu streicheln. Was ich sehe, sind die Gemeinsamkeiten all derer, die ich hier nicht aufzähle, aber ich zähle sie durchwegs zu meinen Lieblingsmenschen und das ärgert mich wohl am meisten. Sie sind alle weiße, heterosexuelle Männer mit deutscher Muttersprache, die viel kiffen oder saufen und für ihre Behausungen sehr wenig bezahlen, weil ihre Eltern oder Großeltern dafür aufgekommen sind.
Auf der anderen Seite stehen größtenteils arbeitende und studierende Frauen, die ihre Freizeit noch nutzen um Sachspenden zu sammeln, zu sortieren, oder sonst irgendwie in den Notschlafstellen und Anlaufzentren zu helfen. Frauen, die sich dann aber von Männern die Welt erklären lassen müssen, die von Männern Komplimente auf ihre weiblichen Reize bekommen, die ständig irgendeiner mehr oder weniger subtilen aber durchwegs lästigen Form von Sexismus ausgesetzt sind. Es ärgert mich, wenn ich neue interessante Bekanntschaften machen könnte und dann aber in erster Linie als Frau gesehen werde und als potentielle Partnerin, wenn ich Komplimente und Geschenke bekomme ohne dass man mich kennt, sondern nur weil ich eine hübsche junge Frau bin, Dinge für die ich nichts kann und auf die ich nicht stolz bin, für die ich auch weniger ernst genommen dafür mehr verniedlicht und verhätschelt werde. Wenn mann meine weibliche Gegenwart genießt, ist doch egal wer ich bin, Hauptsache Frau. Und das von allen Seiten, in den Flüchtlingsunterkünften wie bei den kiffenden Männern zuhause, von denen ich mir dann sagen lassen muss: Sexismus ist nicht das einzige Problem, Daisee.
Danke, dass du mir die Welt erklärst. Aber wenn sich ein weißes und ein schwarzes Gorillamännchen streiten und dabei Argumente fallen wie "Du ärgerst dich in Wirklichkeit doch nur darüber, dass deine Tochter/Frau/Schwester/Mutter auf schwarze Schwänze steht", dann ist das nicht nur rassistisch, sondern rassistischer Balzkampf und nicht nur das, es ist sexistisches, rassistisches Männlichkeitstheater, in dem mann sich misst an der Unterwürfigkeit der jeweiligen Bezugsfrau. Daher, wenn ihr euch schon auf dem Rücken von "euren" Frauen streiten wollt: Bringt euch doch gegenseitig um, es ist mir scheißegal.
Jammert über die von tausenden Jahren männlicher Herrschaft zerstörte Welt und über die Mütter und Frauen, die euch nicht mehr von ihren Brüsten füttern wollen. Schreit euch aus, reagiert euch ab, raucht euch ein, betrinkt euch bis ihr über einer noch halbvollen Bierflasche darüber einschläft. Verspielt euer Geld und eure Tage, einen nach dem anderen. Und habt Mitleid mit euch selbst, wenn ihr dann meint, dass diese Welt ja nüchtern nicht zu ertragen sei.
Eh. Die Welt ist schlecht. Ich weiß es. Niemand redet mehr über irgendwas Belangloses aber Schönes, keiner erzählt mehr romantische Geschichten über menschlichen Alltag. Nein, egal wo ich hingehe, man spricht darüber, wie die Welt noch zu retten ist, über ethisch korrektes Handeln und vertretbaren Konsum, über ökologische Fußabdrücke und Hilfsaktionen. Die Welt geht konstant zugrunde, aber jeder weiß es; die Weltrettung ist in aller Munde. Außer in deren, die noch über das Zugrundegehen reden, die zynisch auf das Ende warten und sich währenddessen selbst bemitleiden, weil sie trotz all ihrem Verzicht noch immer nicht den Respekt von Superhelden bekommen. Die armen privilegierten Männer, die ihre Chancen unter einem Haufen Ausreden und Rechtfertigungen begraben haben.
"Ja... man könnt immer mehr machen." Diesen Satz hab ich auch schon von jedem von ihnen gehört.
Vielleicht leb ich auch in einer Blase und es wird Zeit, dass ich andere Menschen kennenlerne als asketische Hippiemänner und humanitäre Yuppiefrauen. Ist ja nicht normal sowas. Öfter in die Lugner City gehen, brauch eh ein paar neue Jogginghosen. Aber ich kann ja auch nicht mehr bei H&M einkaufen; weil wer musste denn dafür schon wieder sterben. Weil ich selber aber auch lieber Zeit als Luxus habe, bin ich leider genauso knapp bei Kasse und kann mir nix gescheiteres leisten als ausbeuterische Textilriesen oder Secondhand-Sachen von anderen ausbeuterischen Textilriesen. Muss ich öfters Wäsche waschen. Wieder unnötiger Energieaufwand. Ach weckt mich doch, wenn's wieder Frühling wird.
daisee gell - 14. Nov, 04:41